Salzkammergut Trophy: 9,5h im Dreck spielen - basecampas.at
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Salzkammergut Trophy: 9,5h im Dreck spielen

Schon immer hatte ich, Anja, großen Respekt vor allen Mountainbikern, die sich an die B- oder gar die A-Distanz bei der Salzkammergut Trophy heranwagten. Heuer war ich eine davon und setzte mir das Ziel, die 119 Kilometer und 3850 Höhenmeter zu finishen.

1 Ziel, Training & Anspannung

Neben diesem sportlichen Ziel, liefen bei mir noch einige weitere Ziele neben her. FH, Organisation der Ultra Rad Challenge, Job und Blog forderten mich neben vielen 4-5h Einheiten doch mehr, als ich mir eingestehen wollte. Nachdem ich in St. Veit über die Small Distanz so gar nicht zufrieden war, war ich drauf und dran auch den Hut auf die Salzkammergut Trophy zu werfen. So kam mir die Studienreise nach Stockholm gerade recht, in der ich jeden Morgen nach Lust und Laune mit meiner Studienkollegin laufen war. Eine willkommene Abwechslung, die mir neue Motivation schenkte. Was danach nicht so willkommen war, war eine starke Verkühlung, die mich gut 2 Wochen außer Gefecht setzte. Es folgte die Zeit als Superradler der Steiermark, in der ich zwar viel am Rad saß, allerdings kein gezieltes Training unterbrachte. Kurz gesagt: Wieder stand die Salzkammergut Trophy auf der Kippe. Sandro überzeugte mich davon, dass ich es schaffen konnte. Auch meine Trainerin sprach die magischen Worte: Ich bin mir sicher, dass du es schaffst.

Das habe ich noch nie zuvor versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe!

Dieses Zitat von Pippi Langstrumpf steht in einem Rahmen auf unserem Treppenaufgang. Und diese Worte ließ ich mir immer wieder durch den Kopf gehen. Vor allem 3 Tage vor dem Event, als sich das Wettervorhersage nicht und nicht bessern wollte. Ich war so unglaublich angespannt! Meine Familie und auch Sandro waren in diesen Tagen besser mit Schweigen dran, denn jedes Wort konnte mich auf die Palme bringen. Ich wollte unbedingt das Ziel erreichen, hatte aber keine Ahnung was da auf mich zukommt und wie es mir gehen würde. Gut war, dass Sandro und ich uns eine Woche zuvor, die Plätze anschauten, an denen Sandro mich verpflegen würde. Gut war auch, dass das Wetter an diesem Tag ebenfalls schlecht war, sodass ich mir den Salzberg nie live anschauen konnte. 

Fokussiert & Wissend ins Rennen

Was für mich im Nachhinein gesehen die beste Vorbereitung war, war mir das Höhenprofil und den Streckenverlauf am Papier genau anzuschauen. Außerdem befragte ich einige Biker, die die Salzkammergut Trophy, Strecke B, schon öfters gefinished hatten, nach den „Schlüsselstellen“. Das half mir während des Rennens enorm und so angespannt ich die Tage zuvor war, so locker war ich am Tag X dann drauf.

Und das war der Tag X

Beim ersten Blick aus der Dachluke des VW-Bus war ein Fleckchen blauer Himmel zu erkennen! Leider nur kurz. Der Regen prasselte nur so auf die Pavillon-Zelte unserer Camping-Nachbarn am Sportplatz in Bad Goisern. Aber das, was mir am meisten Angst machte trat nicht ein: Wind! Es gab zum Glück keinen Wind und dadurch auch erstmal keine extreme Kälte.

Was mir diesen langen Tag im Regen noch rettete: Die Löffler GTX Jacke, die ich am Vortag noch auf der Expo gekauft hatte. Sandro hatte diese schon seit ein paar Jahren und ist begeistert. Ebenso wie ich nun.

So stand ich am Start zwischen vielen hundert Bikern. Der Regen machte eine kurze Pause. Startschuss. Als ich endlich den ersten Tritt ins Pedal machen konnte, musste ich laut lachen. Endlich geht’s los!

Raschberg & Hütteneckalm

Diese ersten 30 Kilometer kannte ich bereits von meinen Antritten auf den kürzeren Strecken der Salzkammergut Trophy. Allerdings nicht soo nass! Es regnete, hörte kurz auf und regnete wieder. Ich konnte nicht mehr sagen, ob es nun nass von den Bäumen tropft oder es schon wieder aus den Wolken gießt. Trotzdem trat ich mein Tempo dahin und dachte immer nur an den Berg, auf den ich gerade strampelte. Und das war sicher auch mein großer Vorteil: Ich hatte nie den Gedanken „Oh Gott, jetzt fehlen noch 3 Berge mit 2000 Höhenmetern“. Ich war immer nur im Anstieg, in dem ich eben gerade fuhr. Somit war die lange Distanz und die vielen Höhenmeter in kleine Happen aufgeteilt, zumindest in meinem Kopf.  Nach einem ziemlich brutalen Downhill im Gatsch zwischen Wurzeln und vielen Steinen fuhr ich bereits die ewige Wand entlang, die mir immer wieder ein Grinsen ins Gesicht zaubert. Nach einer weiteren Konzentrationsphase im Trail bergab, reichte mir Sandro die erste Flasche und 2 frische Gels.

Ohne Windschatten bist du verloren!

Dieser Satz hallte in meinem Ohr wieder. Ein Bekannter hatte mir gesagt, dass ich am Weg ab km 30 rund um den Hallstättersee unbedingt Windschatten brauche, auch wenn es hart werden sollte. Und darum kämpfte ich auch und fand einen Herren, bei dem das Tempo zügig aber nicht zu schnell wurde. Wer schon mal im Regen Windschatten gefahren ist, weiß, was einen erwartet. Wer schon mal im Gatsch Windschatten gefahren ist, vielleicht auch: Zwischen meinen Zähnen knirschte der Sand. Teilweise sah ich nur mehr wenige Zentimeter des Hinterreifens meines Vordermanns weil die Brille so dreckig war. Was soll’s! Ein paar Minuten später war wieder alles gut, als wir am Asphalt im nächsten Regenguss auf den Salzberg zusteuerten.

So steil sind also 30%

Auf der Anfahrt zum Salzberg fühlte ich mich wirklich noch gut, trotz des Regens, trotz der nassen Hände und trotz den bereits zurückgelegten Kilometern und Höhenmetern. Ich hatte zwar Respekt vor dem Anstieg, aber keine Angst. Die Kehren auf Asphalt waren noch gut machbar. Als der Asphalt dann endete, versuchte ich noch so lange wie möglich im Sattel zu bleiben. Ich hasse diese Schieberei nämlich und finde dies auch ziemlich kräftezehrend. Irgendwann war es aber auch für mich vorbei und ich nahm die letzten Kehren als Wanderung. Wie von meinen Vereinskollegen angekündigt, beginnt der richtige Spaß aber erst danach: Tatsächlich stellt sich der Weg geradeaus wie eine Wand auf. Man muss aufpassen, dass man beim Schieben nicht wegrutscht! Trotzdem: es ist nicht ewig lang und bald war auch diese Schlüsselstelle geschafft. Auf in den nächsten Anstieg!

Brr…schön langsam wird’s kalt!

Nach einer kurzen Abfahrt stellte ich mich auf die letzte große Ansammlung von Höhenmetern ein: Die Roßalm war nun dran. Gels und Ensure konnte ich zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr sehen. Die Beine und vor allem der Kopf wurde langsam aber doch müde. Und so kämpfte ich schon ein bisschen, denn der Anstieg zieht sich dann doch etwas. Während ich hinauffuhr, fuhren die Temperaturen bergab. Kurz vor der Roßalm war es nebelig. Ich denke, dass man das bereits Graupelschauer nennt. Trotz der Anstrengung vom Bergauffahren wurde mir leicht kalt. Und nicht nur mir, wie es schien: Viele Biker standen mit Wärmedecken im Zelt der Bergrettung, die am höchsten Punkt mit Musik versuchte, uns zu motivieren. Nach dem Rennen checkte ich meinen Garmin. Zu diesem Zeitpunkt hatte es gerade mal 4 Grad! Kein Wunder, dass die Abfahrt Richtung Gosau nicht gerade Spaß machte.

Gimme Coke

An den Laben ab dem Salzberg flößte ich mir Cola ein, um den Hunger – der langsam kam – etwas zu bändigen. Sandro stand in Gosau das letzte Mal. Er bat mir an, die Handschuhe zu wechseln. Ich lehnte ab. Mir war das Wechseln zu viel Arbeit.  So machte ich mich auf in die letzten 400 Höhenmeter. Und diese hatten es für mich am meisten in sich! Die Müdigkeit in den Beinen war groß, der Hintern schmerzte bereits. Trotzdem kämpfte ich mich Zentimeter für Zentimeter nach oben, meisterte die letzte Abfahrt (es wurde mir wieder recht kalt) und gönnte mir an der letzten Labe einen köstlichen Kuchen, den ich trotz Kokosstreusel (mag ich nicht, aber wenn man schon den ganzen Tag Dreck isst, kommts auf das auch nicht mehr an), hinunterschlang. Das Ziel war nicht mehr weit, auch wenn mir die letzten Kilometer wie eine Ewigkeit vorkamen.

Mit Freudentränen ins Ziel der Salzkammergut Trophy

Schon bei der Stegbrücke kamen mir ein paar Tränen aus. Ich versuchte aber, mich zusammenzureißen. Noch bist du nicht im Ziel!! Als ich dann zwischen den Absperrgittern durchfuhr und die Ziellinie erblickte, wars dann aber soweit. Die ganze Anspannung der letzten Tage und Wochen fiel ab. Die Anstrengung, der Regen, die Kälte, alles war vergessen. Ich hatte es tatsächlich geschafft!

In meinem Freudentaumel entdeckte ich Sandro und rollte natürlich gleich zu ihm – nicht ahnend, dass ein paar Meter weiter vorne ein kleines Empfangskomitee aus Freunden und Vereinskollegen wartete. Vielen lieben Dank trotzdem.

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