03 Jun Bikepacking zum Großglockner
Ein Abenteuer ist für jeden etwas Anderes. Alle beginnen sie aber mit einer Idee. Schon im letzten Jahr entstand unsere Idee, mittels Bikepacking zum Großglockner, bzw. der Großglockner Hochalpenstraße zu radeln. Damals noch wegen Schlechtwetters verworfen, nutzten wir vergangenes Pfingstwochenende – trotz unbeständigem Wetter und den noch vorhandenen Corona-Einschränkungen – dafür, unsere Idee von einem Abenteuer umzusetzen. Bikepacking zum Großglockner – auf geht’s!
Tag 1: Überraschung auf den Radwegen
Meist soll man an das große Ganze denken. Bei Touren wie diesen ist es allerdings besser, die einzelnen, kleinen Erfolge zu feiern, was so viel heißt wie: Denk nicht daran, dass du noch 250 Kilometer vor dir hast, sondern immer nur an den nächsten Ort, den es zu erreichen gilt.
Natürlich haben wir auch die Länge des ersten Tages im Kopf, als wir bereits um 5:13 Uhr den Start-Button unseres Garmin-Fahrradcomputers betätigen. Großglockner wir kommen! Über Gleisdorf, Graz und Köflach soll es auf den Packsattel gehen, um von der Steiermark nach Kärnten zu kommen.
Wir planen unsere Routen über die Alpenvereins-App, bei der auch die Radwege eingeblendet sowie die Straßenverhältnisse (Schotter, Asphalt, etc.) angezeigt werden können. Für uns ideal, da wir versuchen, Hauptstraßen weitestgehend zu meiden und Radwege wo möglich zu nutzen. Was hierbei natürlich klar sein muss: Radwege und Seitenstraßen sind meist nicht der direkteste Weg und ein 30er Schnitt ist im Normalfall nicht möglich. Auch wir haben noch das „Racer-Gen“ irgenwie in uns und tun uns ab und an auch schwer, das „Genuss-Gen“ in den Vordergrund zu rücken. Bei diesem Abenteuer wollen wir es aber versuchen und sind wirklich positiv über die Radwege und die gute Beschilderung überrascht. Vorteil: Man muss nicht dauernd auf der Karte checken, ob man eh auf dem richtigen Weg ist. Da die Alpenvereins-App Schotterwege anzeigt, können diese auch einfach vermieden werden.
In Graz angekommen, gönnen wir uns ein zweites Frühstück bei einer kleinen Bäckerei nahe des Mur-Radwegs. Mit unseren Backloader-Taschen auf den Rennrädern fallen wir der Mitarbeiterin auf und als wir ihr von unserem Vorhaben via Bikepacking auf den Großglockner zu fahren erzählen, schwankt sie zwischen Ungläubigkeit und Begeisterung. Gut gestärkt machen wir uns auf Richtung Lipizzanerheimat. Wieder dem Radweg entlang, genießen wir die schöne Umgebung. Es ist bereits nach 12 Uhr, als wir am Fuße der Pack, in Köflach, ankommen.
Über die Pack nach Kärnten
Wir beschließen, erst in Wolfsberg – also nach der Pack – eine größere Mittagspause einzulegen und stärken uns notgedrungen mit einem Energy Gel und Traubenzucker aus unseren Trikottaschen. In der Anfahrt auf die Pack tröpfelt es kurz auf uns herab. Das ist zum Glück nur von ganz kurzer Dauer! Puh, noch einmal verschnaufen und rauf auf den Berg.
Die Pack ist sehr angenehm zu fahren, nie besonders steil, nur etwas Lang. Bald sind wir oben angekommen, werfen uns Beinlinge, Windjacke und Langarmtrikot über und lassen es Richtung Wolfsberg laufen. Die dortige Mittagspause halten wir zuckerhaltig aber kurz. Google Maps sagt: Bis Klagenfurt noch 70 Kilometer. Auf unserem Garmin haben wir bereits gut 180 Kilometer stehen.
Die Kilometer lassen es vermuten: Ab Völkermarkt bis Klagenfurt wird es zach. Eine fade, schlecht asphaltierte Straße zieht sich ewig Richtung Wörthersee. Als wir endlich das Ortsschild entdecken, ist die Freude groß. Noch schnell zum Lindwurm, ein paar Fotos, dann Unterkunft suchen. Dies stellt sich als gar nicht so einfach heraus, da es der erste Wieder-Eröffnungstag nach Corona ist. Die ersten zwei Unterkünfte haben um 19:30 Uhr ihre Rezeptionen nicht mehr besetzt, auch telefonisch ist niemand mehr erreichbar. Beim dritten Anlauf klappt es. Wir checken ein, versorgen unsere Räder, duschen und lassen uns eine Pizza direkt ins Hotel liefern. Was für ein Tag!
Tag 2: Entlang von Seen, Flüssen & Bergen
Mit einem gemütlichen Frühstück im Hotel starten wir in den Tag. Heute machen wir uns keinen Stress beim Wegkommen und starten erst gegen 8 Uhr entlang des Wörthersees Richtung Drauradweg. Der Großglockner rückt näher und näher!
Trotz der schönen Seen & Flüsse, an denen wir entlang fahren, fühlt sich die Strecke ein bisschen fad an. Es geht meist nur geradeaus, ohne Hügel, ohne besondere Ortschaften. Bis Spittal an der Drau geht es auf einer sehr wenig befahrenen Seitenstraße dahin. Mittagspause. Wir können in weiter Ferne die ersten, höheren Berge sehen. Schnee blitzt hervor.
Es wird zach
Irgendwann kommt es: Das Motivationstief! Uns trifft es zwischen Spittal und Winklern. Die 30 Kilometer ziehen sich in die Länge. Wir stecken uns beide Kopfhörer in die Ohren. Ein wilder Mix aus AC/DC, Vengaboys und MGMT treibt Anja in Sandros Windschatten dahin, während Sandro Alligatoah und Pizzera & Jaus ein Ständchen ins Ohr singen und die Wattzahlen konstant halten. Wieder Mal große Erleichterung, als wir die Ortstafel von Winklern entdecken. An der Kreuzung gibt es nochmal Traubenzucker- und Riegel-Versorgung bevor wir die letzten 20 Kilometer nach Heiligenblut in Angriff nehmen. Das Bikepacking zum Großglockner – Abenteuer nähert sich dem Ende!
Es ist schon sehr imposant, wie sich die Straße in das Tal schlängelt. Leicht auf und ab geht es dahin. Immer mit Blick auf die schneebedeckten Berge. Ob der Großglockner da schon dabei ist? Wir sind uns nicht sicher. Der wunderschöne Jungfernsprung Wasserfall lässt uns nochmal für ein Foto stoppen. Es ist nicht mehr weit! Was wir auch am nächsten Tag noch merken: Um dem Auto- und Motorradverkehr zu entgehen, ist es das ideale Datum in diesem Jahr! Fast alleine – nur ein paar Radfahrer kommen uns aus dem Tal entgegen – vollenden wir die letzten Kilometer und den letzten Anstieg nach Heiligenblut. Was für eine Kulisse dort!
Tag 3: Ein spielerischer Tag zum Hochtor
Dank Sandros Papa können wir uns am Vorabend gut erholen und haben mit dem Wohnmobil eine angenehme Unterkunft für die Nacht. Heiligenblut – sonst ein sehr tourismuslastiger Ort – ist wie ausgestorben. Wir sind uns nicht sicher, ob überhaupt ein Hotel geöffnet gehabt hätte. Unsere Bikepacking-Backloader am Rad werfen wir ab und wählen für den heutigen Tag die von Sandros Papa mitgebrachten Rucksäcke, die wir bis oben hin mit warmen Sachen vollstopfen. Schon in Heiligenblut hat es nur wenige Grade über null.
Das macht auf den ersten Höhenmetern bis zur Mautstation nur wenig. Natürlich sind die Beine nicht ganz frisch aber mit der richtigen Einstellung ist man darauf vorbereitet. Als Radfahrer darf man die Großglockner Hochalpenstraße glücklicherweise kostenlos nutzen. Kehre um Kehre geht es weiter nach oben. Der Schnee kommt immer näher, der Wind wird stärker und das Kopfschütteln der uns entgegenkommenden Autos deutlicher.
Natürlich waren die Wetterbedingungen nicht ideal, allerdings hatten wir dafür die Straße fast für uns alleine. Wir haben ca. 30 Autos und Motorräder gezählt. An einem normalen Tag sind hier bestimmt mehrere hundert Fahrzeuge unterwegs.
Warum Anja überhaupt so früh im Jahr auf der Hochalpenstraße fahren will? Genau wegen der hohen Schneewände. Wahnsinn, wie diese sich immer höhe auftürmen. Leider türmt sich der Nebel auf den letzten Höhenmetern zum Hochtor nicht und es wird immer ungemütlicher. Auf 2500 Metern Seehöhe an der Grenze zu Salzburg – dem Hochtor – angekommen – haben wir zwar keine Aussicht, aber unser Abenteuer geschafft! Die Edelweißspitze lassen wir schweren Herzens weg, das ist es uns nicht Wert. Wir bringen unser Rücklicht an, ziehen alles an, was wir haben (Anja sogar eine Daunenjacke) und fahren auf der nassen Fahrbahn vorsichtig nach unten.
Was wir bei unserem Bikepacking zum Großglockner wieder gelernt haben: Tu, was du gern tust und lass dich nicht von anderen davon abbringen! Solche Erlebnisse sind die, an die man sich sein Leben lang erinnern wird.
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